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Aus der Praxis Rechtsanwalt… Besitz und Verbreiten von Kinderpornographie - Welche Strafe droht bei § 184b StGB? Wie hoch ist die Strafe und ab wievielen Bildern Kinderpornografie gibt’s Gefängnis?

Thomas Amann • Aug. 06, 2021
Eine Aktualisierung des Artikels 03.07.2008 auf www.openpr.de in Politik, Recht & Gesellschaft 



Besitz und Verbreitung von Kinderpornographie

Ob Vorladung zur Beschuldigtenvernehmung, Strafanzeige, Strafbefehl, Ladung zur ED-Behandlung, Anklage oder Ladung zur Hauptverhandlung wegen Besitz und Verbreitung von Kinderpornographie. Als Rechtsanwalt und Strafverteidiger befasst sich der Verfasser seit mittlerweile 15 Jahren bundesweit in Ermittlungsverfahren nach § 184b StGB wegen Besitz und Verbreiten von Kinderpornografie.



§ 184b Absatz 3 StGB (Strafgesetzbuch) bestraft nach der jüngsten Verschärfung des Sexualstrafrechts und der Qualifizierung zu einem Verbrechen vom 07.05.2021 nun den reinen Besitz von kinderpornographischem Material mit einer Gefängnisstrafe von bis zu 5 Jahren.



Das Verbreiten ist in § 184b Absatz 1 StGB mit einer Gefängnisstrafe von bis zu 10 Jahren bedroht.



Der Strafrahmen

Mit dieser Strafvorschrift gibt das Gesetz wie auch vor der Verschärfung lediglich den Strafrahmen, nicht aber die im konkreten Fall zu verhängende Strafe vor. Wie bei allen anderen Straftatbeständen auch gibt es im Strafrecht entgegen dem Ordnungswidrigkeitenrecht (dort gibt es den Bußgeldkatalog) nach wie vor keinen „Strafenkatalog“.

Die Bestimmung der konkreten Strafhöhe erfolgt nach dem Strafgesetzbuch (StGB) durch eine individuelle Strafzumessung und ist äußerst komplex. Bundes- oder landeseinheitliche Regelungen gibt es nicht. Aus diesem Grund kann den nachfolgenden Ausführungen keine abschließende Verbindlichkeit zukommen. Da der Verfasser dieses Artikels jedoch als Rechtsanwalt bundesweit im Sexualstrafrecht tätig ist und im Rahmen seiner Tätigkeit als Strafverteidiger eine Vielzahl von Fällen im Bereich des § 184b StGB bearbeitet hat, vermögen sie durchaus in der Lage sein, eine seriöse Erstinformation darzustellen.


Der Ablauf des Ermittlungsverfahrens bei § 184b StGB

Im Strafverfahren stehen der Beschuldigte den Ermittlungsbehörden wie den Staatsanwaltschaften und Amts- und Landgerichten oftmals völlig hilflos gegenüber. Kommt es dazu dann noch zu einem Haftbefehl, zu einer Hausdurchsuchung und einer Beschlagnahme sämtlicher PCs/Rechner und Kommunikationsgeräte, befindet sich der Beschuldigte häufig in einer ernsthaften Notsituation.
 
Die Verteidigung in Strafverfahren wegen Besitzes von Kinderpornographie gestaltet sich im Regelfall nach wie vor wie folgt… Mandatsgespräch, Beratung dann schriftliche Verteidigerlegitimation und Antrag auf Akteneinsicht bei Polizei und Staatsanwaltschaft. Bis zur Gewährung der Akteneinsicht Besprechung und Klärung der etwaigen Frage einer polizeilichen Vernehmung und ED-Behandlung (= erkennungsdienstliche Behandlung; Fingerabdrücke/Lichtbilder/DNA-Abstrich) sowie des wichtigen(!) Themenkomplexes der Durchführung einer Therapie/Psychotherapie. Nach Erhalt der Ermittlungsakte juristische Prüfung der Rechtmäßigkeit der etwa durchgeführten Hausdurchsuchung und Beschlagnahmung der Computer oder Festplatten. Nach Erhalt des datenforensischen IT-Gutachtens (= Auswertung der Festplatten) technische Prüfung im Hinblick auf die Beweisbarkeit des Besitzes von kinderpornographischen Bildern (Stichworte: Cache, Bookmarks/Lesezeichen, Links, IP-Adressen) und juristische Prüfung, ob die etwa gefundenen Bilder einen strafrechtlich relevanten Inhalt besitzen (Stichworte: Straflose „Posing-Fotos“, Comics, Manga). Dann Ausarbeitung einer Verteidigungstaktik. Besprechung und Klärung der Frage, wer die Kosten der IT-Auswertung trägt. Im Anschluss daran Aufnahme von Verhandlungen und Gesprächen mit Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht mit Stellung von schriftlichen Anträgen bspw. auf Verfahrenseinstellung (u.U. gegen Geldbuße), oder auf Erlass eines Strafbefehls.


Die Höhe der Strafe

Bei 0 Bilddateien oder Videos mit kinderpornographischem Inhalt erfolgt keine Strafe. Das Verfahren wird eingestellt. Beschlagnahmte Rechner werden herausgegeben. Kosten für die IT-Auswertung müssen nicht getragen werden. Etwaige Schäden bei der Durchsuchung durch die Polizei werden auf Antrag ersetzt. Einträge in Bundeszentralregister und Führungszeugnis erfolgen nicht. Die Rechtsanwaltskosten werden auf Antrag erstattet.



Ab bereits 1 Bilddatei oder Video droht nach der Verschärfung des Gesetzes im Mai 2021 nun bereits eine Freiheitsstrafe von mindestens 1 Jahr. Ganz gleich, ob man „nur“ Besitz hatte oder auch verbreitet hat.



Beschlagnahmte inkriminierte Rechner, Smartphones oder Handys werden vernichtet. Ein Eintrag ins Bundeszentralregister und Führungszeugnis für Arbeitgeber erfolgt. 



Die massive Anhebung der Strafbarkeit von kinderpornografischen Abbildungen qualifiziert diese Tat nun zu einem Verbrechen. Es ist jetzt keine Einstellung mehr gem. § 153 oder § 153a StPO möglich.



Der Verurteilte trägt in der Regel die Kosten der datenforensischen IT-Auswertung.



Ist Bewährung möglich?

Nach dem Strafgesetzbuch (§ 56) können Strafen von bis zu 1 Jahr unter bestimmten Voraussetzungen zur Bewährung ausgesetzt werden, wenn zu erwarten ist, dass der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.



Das Gericht kann unter diesen Voraussetzungen auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die 2 Jahre nicht übersteigt (nicht höher!), zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.



Bei einer Gesamtstrafe von über 2 Jahren ist eine Bewährung nicht mehr möglich.



Gerade für die Frage der Bewährung ist die medizinisch-psychologische bzw. psychotherapeutische Aufarbeitung der Tat von äußerster Wichtigkeit und größter Bedeutung!! Ihr Rechtsanwalt wird das mit Ihnen besprechen. 



Auch gerade aus diesem Grund ist es auch so enorm wichtig, bereits unmittelbar nach der Hausdurchsuchung oder nach Erhalt der Vorladung der Polizei einen Rechtsanwalt für Strafrecht und Strafverteidigung einzuschalten. Denn dann kann die doch (glücklicherweise) recht lange Zeit der Auswertung der beschlagnahmten/sichergestellten Gegenstände (im bundesweiten Durchschnitt derzeit 6 – 9 Monate) optimal für effektive Verteidigungsmaßnahmen wie z.B. die Durchführung einer psychotherapeutischen Exploration und/oder therapeutischen Aufarbeitung zur Vermeidung einer Inhaftierung genutzt werden.



Die freiwillige und eigenverantwortliche Absolvierung einer Therapie bis zum Abschluss der Ermittlungen und einer etwaigen Gerichtsverhandlung wird in der Regel auch durch entsprechendes Betreiben Ihres Rechtsanwaltes sich senkend auf die zu einer Bewährung zu verhängende Geldauflage (oftmals 2-3 Nettogehälter je nach Gericht und Staatsanwaltschaft) auswirken.



BITTE BEACHTEN SIE

Auch bei diesem Beitrag ist zu beachten, dass dessen kurze Ausführungen lediglich einen ersten groben Überblick über die aktuelle Rechtslage um den Bereich Kinderpornographie, 184b StGB und einen Einblick in das äußerst komplexe strafrechtliche Ermittlungsverfahren und seine Rechtsfolgen geben können.



In keinem Fall können sie eine individuelle Rechtsberatung ersetzen, da jeder Fall grundsätzlich anders gelagert und anders zu handhaben ist.


Auswirkungen auf Beruf und Arbeitsplatz

Gerade bei Ermittlungsverfahren und Strafverfahren gegen Personen, die ein „sauberes“ Führungszeugnis benötigen oder die einer Zuverlässigkeitsüberprüfung oder Sicherheitsüberprüfung unterliegen oder die eine Genehmigung, Lizenz, Zulassung oder Approbation innehaben, ist es daher zur Aufrechterhaltung der Zuverlässigkeit und damit zur Sicherung der weiteren beruflichen Existenz unabdingbar, zur professionellen Betreuung des Verfahrens möglichst frühzeitig einen entsprechend spezialisierten Rechtsanwalt bzw. Strafverteidiger des Vertrauens einzuschalten.



Dies sollte nicht nur bei bereits existierenden Vorstrafen im Führungszeugnis bzw. Bundeszentralregister, sondern vor allem bei gerade laufenden Ermittlungsverfahren - auch wenn etwa die nächste Zuverlässigkeitsüberprüfung erste viel später ansteht - gemacht werden. Im Rahmen der Strafverteidigung gilt es dabei, durch eine sorgfältige, an den Erfordernissen der jeweiligen verwaltungs- und berufsrechtlichen Regelungen orientierte strafrechtliche Betreuung des Ermittlungsverfahrens ein solides Fundament für die (oft erst Jahre später) anstehende verwaltungsrechtliche Prüfung zu bilden (z.B. die ZÜP nach § 7 LuftSiG alle 5 Jahre).


Ist das Strafverfahren bereits abgeschlossen, gilt es die dort getroffenen Feststellungen und Rechtsfolgen an den Erfordernissen der jeweiligen Zuverlässigkeitsregelungen orientiert juristisch für die zuständige Verwaltungsbehörde aufzubereiten. Erlangt zudem der Arbeitgeber auf die eine oder andere Art Kenntnis von dem laufenden Ermittlungs- oder Zuverlässigkeitsverfahren, sind unverzüglich die arbeitsrechtliche Situation anwaltlich zu prüfen und ggf. geeignete (Gegen-) Maßnahmen zur Erhaltung des Arbeitsplatzes und zur Sicherung der Existenz bzw. Lebensgrundlage einzuleiten. Nicht jedes Strafverfahren und nicht jedes (negative) Zuverlässigkeitsverfahren berechtigt den Arbeitgeber zu einer Kündigung, einer Suspendierung oder zum Entzug einer Zulassung. Dies z.B. unter anderem auch durch die Prüfung und Durchführung der vorzeitigen Löschung eines Eintrages im Führungszeugnis oder Bundeszentralregister. Gemäß § 39 Bundeszentralregistergesetz (BZRG) kann die vorzeitige Nichtaufnahme einer Verurteilung in das Führungszeugnis beim Bundesamt für Justiz in Bonn beantragt werden.


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